"Wannseekonferenz" im Schauspielhaus Neubrandenburg

Am 19. April begaben sich einige Schüler aus den Klassenstufen 10-12 nach Neubrandenburg ins Schauspielhaus. In diesem sehr kleinen Theater sahen wir uns am Nachmittag die Aufführung eines Dokumentar-Stückes über die Wannsee-Konferenz an. Hierbei ging es darum, die 1942 abgehaltene Wannseekonferenz,  auf der die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen wurde, historisch korrekt nach den Vorlagen der damals geführten Protokolle nachzustellen.

Schon der Anfang des Stückes zeigte, dass dieser Nachmittag ernst, hart und definitiv mitnehmend werden würde. Als der Saal dunkel wurde, leuchtete ein Spotlight direkt ins Publikum auf einen Mann mit strengem Scheitel, weißem Hemd und einer Reithose. Dieser stand auf und sprach einen Satz, der seine nationalsozialistische Gesinnung deutlich werden ließ, und verließ das Publikum. Dies wiederholte sich bei den weiteren 14 Protagonisten des Stückes, was beim Zuschauer den Gedanken provozierte: Die Täter waren unter uns!

Das Bühnenbild bestand aus drei Tischen, die leicht versetzt nebeneinander auf der Bühne standen. Diese waren bedeckt mit grauen Tischdecken, Namensschildern der jeweiligen Teilnehmer und gefüllten Wassergläsern. Im Hintergrund an der Wand hing eine Europakarte mit den von den Nazis besetzten Gebieten. Außerdem hingen links und rechts große Hakenkreuz-Flaggen von der Decke.

Die schauspielerische Leistung von Johannes Stelzhammer in der Rolle des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich, der die Konferenz-Leitung übernahm, war in meinen Augen ausgezeichnet. Man bekam durch seine trockene, düstere und harte Sprechweise perfekt das Gefühl, dass vor einem auf der Bühne ein waschechter Nazi stände. Durch seine immer wiederkehrenden ausdrucksstarken wut- und hasserfüllten Appelle überzeugte er die dabeisitzenden SS- Führer, Minister und Politiker, welche später den Forderungen und Beschlüssen zustimmten.

Beeindruckend war, wie bei den einzelnen Mitgliedern der Konferenz deren Charakterzüge herausgearbeitet wurden und dies unwahrscheinlich authentisch wirkte. Das Stück war dadurch äußerst interessant und lehrreich, dass man zum einen historische Fakten vermittelt bekam, jedoch auch die total stumpfe und widerliche Art der Figuren, welche - ohne wirklich zu zweifeln - dem Völkermord am jüdischen Volk zustimmten.

Auch der Schluss war sehr bemerkenswert. Nachdem die Bühne von den Schauspielern geräumt wurde, kamen diese wie am Anfang in Hemd und Hose auf die Bühne, blieben in der Mitte stehen, der Raum verdunkelte sich nun noch einmal komplett, und einer nach dem anderen sagte nun wieder einen Satz - diesmal dazu, wie  jeder Einzelne seinen Tod fand, manche durch Erschießung oder Selbstmord direkt am Kriegsende. Aber einige dieser Verbrecher kamen auch völlig unangetastet davon und lebten ihr Leben bis hin zu Alterstoden in den 1980er Jahren.

Im Allgemeinen war der Theaternachmittag sehr schockierend, da sehr direkt der „Tatbestand“ dieser Konferenz dargelegt wurde, ohne vor irgendeinem Satz zurückzuscheuen. Diese ideologisch fatalen Ansichten so ungeschönt präsentiert zu bekommen, führte dazu, dass mich dieses Thema noch die nächsten Tage beschäftigte.

Victor Neumeister (K1)