Theaterprojekt spielt Slavomir Mrozeks Groteske „Auf hoher See“

Drei Überlebende eines Schiffuntergangs sitzen auf einem Floß rund um einen Koffer, der Dicke, der Mittlere und der Schmächtige. Da ihnen die Nahrungsmittel ausgegangen sind, stellt sich gleich zu Beginn die Frage: „Wen von uns essen wir?“

Zunächst soll per Los die Lösung gefunden werden, doch dies wird als „barbarisch“ und „unzivilisiert“ abgetan. Daraufhin schlägt der Dicke, der sich als Wortführer und geschickter Taktiker entpuppt (hervorragend dargestellt von Julius Mau), eine demokratische Wahl vor. Der Mittlere (überzeugend umgesetzt von Johanna Barzen) bietet ihm sofort ein Wahlbündnis an und entlarvt sich so als typischer Mitläufer.

Der Wahlkampf beginnt mit einer Rede des Schmächtigen (überragend gespielt von Philip Hannemann), der darlegt, dass er aufgrund seiner armen, im Falle seines Ablebens auf sich allein gestellten Mutter nicht in die engere Wahl gezogen werden darf. Die beiden Übrigen erklären sich umgehend zu Waisenkindern. Ihre Wahlkampfauftritte wenden sich an den jeweils anderen. Da sich nach der Stimmabgabe jedoch vier Stimmzettel im Zylinder befinden, muss die Wahl für ungültig erklärt werden. Als ein Telegrammbote schwimmend das Floß erreicht, überbringt er dem Schmächtigen die Nachricht, dass seine Mutter gestorben sei. Nun ist die Ausgangsposition für alle drei wieder gleich. Kurze Zeit später kommt der Lakai des Dicken (brillant in einer Doppelrolle Juliette Simoni) ebenfalls zum Floß geschwommen: „Welch ein Glück, dass meine alten Augen den Herrn Grafen noch einmal sehen. Im Palast machen sich Ihre Eltern ja solche Sorgen!“ Auf Befehl des Dicken ertränkt sich sein Diener. Wer sich am Ende aus Einsicht freiwillig zum Wohl der Gemeinschaft opfert, wird in einem intensiven Dialog entschieden.  

Die begeisterten Zuschauer sahen eine tiefsinnige Satire, triefend von Gesellschaftskritik. Typische Charaktere, die sowohl in Diktaturen als auch Demokratien und sozialistischen Systemen zu finden sind, werden entlarvt, gewürzt mit einer Prise schwarzen Humors und abgerundet mit grandiosen Dialogen. Die außergewöhnlichen schauspielerischen Leistungen aller Beteiligten sorgten für einen atemberaubenden Abend.