„Nathan“ in acht Varianten

„Was bedeutet es, fremd zu sein? Warum fühlen wir uns oftdurch Fremdartiges bedroht und wie bestimmt das Gefühl der Bedrohung unser Handeln?“ Diese Fragen stellt laut Programmheft das moderne Drama „Nathan (ohne Titel)“ des dänischen Autors Christian Lollike. Er hat Gotthold Ephraim Lessings Klassiker der Aufklärung von 1789 weitergedacht und überprüft in acht Varianten dessen Ideal von religiöser Toleranz und vorurteilsloser Liebe. Der Kulturförderverein Lelkendorf, der soeben von der Bundesjugendministerin Manuela Schwesig für die gelungene Kooperation zwischen Schule und Kultur im ländlichen Raum ausgezeichnet wurde, präsentierte am 7.September dieses Stück, professionell in Szene gesetzt von den chekh OFF players Berlin. Unter den Zuschauern dieses aktuellen und eindringlichen Dramas waren auch acht Torgelower Oberstufenschüler.

Wir wurden nicht enttäuscht. In acht Szenen wurden sowohl Begebenheiten aus dem bundesdeutschen Alltag als auch aus dem Nahostkonflikt dargestellt.  Wie soll man sich verhalten, wenn man in der U-Bahn als Einzelner sieht, wie rechtextreme Jugendliche einen Behinderten totschlagen? Soll ein israelischer Familienvater, dessen Frau und Kindern von einem Palästinenser getötet wurden, an dem Mörder Vergeltung üben oder ihm verzeihen? Unter welchen Bedingungen ist Vergebung möglich? Wagen wir es an Nathans Gebot der gegenseitigen Toleranz zu glauben oder wo liegen für uns die Grenzen? Fragen, die uns zum Nachdenken brachten, zumal die Schauspieler (Valentin Bartzsch, Julia Borgmeier, Mareike Dobbertin und Patrick Kramer) durch ihre überzeugende Darstellung eine Atmosphäre höchster Intensität schufen. Wir waren ausnahmslos begeistert.

Im anschließenden Gespräch mit der Regisseurin Beatrice Scharmann konnten wir über das Stück debattieren, Fragen stellen und unsere Meinung zum Ausdruck bringen. Sie teilte mit uns ihre Erfahrungen aus der Arbeit an und mit dem Stück.

Insgesamt war es ein anregender und interessanter Nachmittag.