In diesen Tagen vor 73 Jahren ereignete sich in Demmin, nur rund 50 Kilometer entfernt von unserem Internat eine schreckliche Tragödie. Kurz vor dem Ende des grausamen 2. Weltkrieges am 30. April 1945 marschierten die Soldaten der russischen Armee in Demmin ein. Während der Besetzung der Stadt plünderten die russischen Soldaten Demmin und begangen viele abscheuliche Verbrechen. Die Bewohner ereilte daraufhin eine panische Angst, die sich zu einem der größten Massensuizide entwickelte. Schätzungen zufolge forderte dieser viele hundert Menschenleben.

Der deutsche Kameramann und Filmregisseur Martin Farkas griff dieses bedeutende Thema in seinem Film „Über Leben in Demmin“ auf. Die Klassenstufe 10 sah den Film am Nachmittag als interessante Ergänzung des Geschichtsunterrichts, im Rahmen unserer Vortragsreihe „Starke Vorbilder, starke Kinder“. Im Anschluss an den Film entstand eine Diskussionsrunde, an der neben Schülern und Lehrern auch der Regisseur Farkas persönlich teilnahm. Es fand ein intensiver Austausch über die einzelnen Aspekte und Szenen des Filmes statt.

Neben den Ereignissen von 1945, die durch detailreiche Zeitzeugenberichte wiedergegeben werden, stellt der Film  auch aktuelle Aspekte in Demmin  dar: Die NPD-nahe Rechtsextreme, die zum „Trauermarsch“ nach Demmin aufruft und sich mit Hitlers Wehrmacht identifiziert;  die Gegendemonstranten, die den Marschierenden zurufen: „Ihr habt den Krieg verloren.“ Aber man hört auch die Kantorei der Demminer St. Bartholomaei-Kirche, die am 05.Mai das Requiem von W.A. Mozart aufführte, um für ein würdiges Gedenken an die zahllosen Opfer des 2. Weltkrieges einzutreten.  

Jahrzehntelang wurde in der DDR über die Ereignisse in Demmin im Mai 1945 geschwiegen. Der Film hebt das Schweigen auf, stellt die historischen und aktuellen Aspekte dar, dokumentiert, ergreift keine Partei, regt zu Fragen an: Steht am 08.05. die militärische Niederlage Deutschlands im Vordergrund oder die Befreiung vom Nationalsozialismus? Aus welchen Gründen wurde so lange über die Ereignisse in Demmin geschwiegen? Wie lange wirken Traumata nach? Wie wurde Farkas auf das Drama in Demmin aufmerksam? Wird es eine Fortsetzung des Films geben?

Es war ein sehr ernster Nachmittag auf Schloss Torgelow, der zum Nachdenken anregte. Der Film und die nachfolgende Gesprächsrunde waren sicherlich eine intellektuelle Bereicherung für die Schule und ihre Schüler. Unser Dank gilt Herrn Farkas für den aufrüttelnden Film und den inspirierenden, wichtigen Dialog.

(Till Habermann, 10a)